Münster 10.11.2022
Aktuelles

Regresse, Engpässe und explodierende Kosten

Nachdem der Gesetzgeber im Oktober beschlossen hatte, den Apotheken vor Ort die Vergütung zu kürzen, hat der Vorstandsvorsitzende des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) nun dringend davor gewarnt, die Betriebe weiteren wirtschaftlichen Zumutungen auszusetzen. „Wer dies tut, trägt die Verantwortung dafür, wenn die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung der Menschen wegbricht. Er wird den Patientinnen und Patienten dafür Rechenschaft ablegen müssen“, erklärte Thomas Rochell auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Verbandes in Münster. „Jetzt besteht noch die Chance gegenzusteuern.“

Massiv unter Druck

Rochell skizzierte noch einmal die aktuelle Situation der Apotheken vor Ort: Nachdem es seit neun Jahren keinerlei Ausgleich für Inflation und steigende Kosten gegeben habe, gerieten viele Apotheken durch die Explosion der Energiepreise und die dramatische Geldentwertung massiv unter Druck. In dieser Lage bedrohe das nun von der Politik geforderte Sonderopfer zur Sanierung der Kassenfinanzen die wirtschaftliche Existenz vieler Apotheken vor Ort. Einnahmen, die ein Teil der Apotheken mit pandemiebedingten Sonderaufgaben erzielt hatten, seien kurzfristige Einmaleffekte, die im Übrigen in den meisten Fällen reinvestiert worden, also schon wieder ausgegeben seien. Sie taugten nicht als Argument für die nun beschlossene Kürzung der Vergütung – zumal die Honorare in der Pandemie hart erarbeitet worden seien. „Niemand käme auf die Idee, anderen Berufsgruppen das Gehalt zusammenzustreichen, weil sie in der Corona-Krise eine Bonuszahlung bekommen hatten“, so Rochell.

Versteckte Kosten

Neben der Honorarkürzung machten viele versteckte Kosten den Apotheken zu schaffen, so zum Beispiel eine häufig überbordende Bürokratie, teils willkürliche Regressforderungen der Krankenkassen sowie hohe Zusatzaufwände durch Lieferengpässe. „Dagegen muss die Politik dringend vorgehen“, sagte Rochell. Ebenso forderte er, dass die Politik das Kräftegleichgewicht zwischen Krankenkassen und Apotheken neu austarieren müsse, wenn sie weiterhin hinter der Idee der Selbstverwaltung als eine der tragenden Säulen des Gesundheitssystems stehe. Denn derzeit würde vielfach weder auf Augenhöhe verhandelt noch würden in diesen Verhandlungen Kompromisse gefunden. Die Krankenkassen versuchten vielmehr, die Bedingungen einer Versorgung zu diktieren. Als Beispiel nannte Rochell die Gespräche über die Versorgung von Inkontinenzpatienten. Immer häufiger müsse die Schiedsstelle eingeschaltet werden, da keinerlei Kompromissbereitschaft seitens der Krankenkassen bestünde. 

Die gezielten Nadelstiche, die Politik und Kassen seit Jahren setzten, würden in Verbindung mit drei anstrengenden Corona-Jahren die Apothekeninhaberinnen und -inhaber mürbe machen, so Rochell. Noch nie habe er eine so trübe Stimmung im Berufsstand erlebt wie derzeit. 

Neue Chancen

Trotz aller Herausforderungen rief er seine Kolleginnen und Kollegen auf, sich nun auf die Möglichkeiten zu konzentrieren, die sich derzeit böten. „Pharmazeutische Dienstleistungen, Präventionsangebote wie Impfungen und neue digitale Dienstleistungen können bislang zwar weder die Kostenexplosion noch die Kürzung der Vergütung aufwiegen. Wenn die Politik diese Felder aber weiter ausbaut und stärkt, könnten sich den Apotheken hier neue Chancen eröffnen.“  
 

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