Münster 23.06.2023
Aktuelles

Engpass-Gesetz: ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen

Lieferengpässe, überbordende Bürokratie, Regresse der Krankenkassen und eine nicht auskömmliche Vergütung: Vor einer guten Woche haben die Apotheken vor Ort gegen die Missstände in der Arzneimittelversorgung protestiert – nun zeichnen sich mit der Verabschiedung des Engpass-Gesetzes am Freitag (23.06.2023) zumindest erste, leichte Verbesserungen ab. „Damit jedoch ist die flächendeckende Arzneimittelversorgung und das wohnortnahe Apothekennetz noch längst nicht gesichert“, warnt Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL).

Er begrüßt, dass mit dem Gesetz das bürokratische Verfahren abgeschafft wird, das Apotheken derzeit durchlaufen müssen, wenn sie Patienten mit apothekenüblichen Hilfsmitteln wie Inkontinenzartikeln, Bandagen und Kompressionsstrümpfen versorgen wollen. „Dass sie die nötigen Anforderungen erfüllen, weisen die Apotheker mit ihrer Approbation, der Beantragung der Apothekenbetriebserlaubnis und den regelmäßigen Kontrollen durch die zuständigen Behörden nach“, so Rochell.

Zudem würden den Apotheken im Falle von Lieferengpässen nun dauerhaft gewisse Handlungsfreiheiten eingeräumt – „aber längst nicht alle, die wir benötigen, um unsere Patienten schnell und sicher versorgen zu können“, so Rochell. Die Apotheken müssten – wie auch in der Corona-Pandemie – in der aktuellen Engpasskrise weiterhin die Möglichkeit haben, unbürokratisch auf andere Darreichungsformen auszuweichen oder gegebenenfalls auf ein wirkstoffähnliches Mittel, fordert er.

Regress-Unwesen nicht wirksam unterbunden

Für nicht ausreichend hält er die Regelungen, die die Apotheken künftig vor unberechtigten Regressforderungen der Krankenkassen schützen sollen. Aktuell zahlen die Kassen den Apotheken bei kleinsten formalen Fehlern weder das Honorar für die geleistete Arbeit noch erstatten sie ihnen den Wareneinsatz für die teils hochpreisigen Medikamente. Sie lassen ihre Versicherten also immer wieder auf Kosten der Apotheken versorgen, obwohl die Patienten genau die Therapie erhalten haben, die der Arzt ihnen verordnet hat. „Für die Apotheken vor Ort bedeuten diese Regressforderung ein enormes, teils existenzgefährdendes wirtschaftliches Risiko. Wir sind froh, dass die Politik dieses Problem erkannt hat und es lösen will. Allerdings sind wir sicher, dass die nun vorgesehene Regelung nicht dazu führen wird, dass das Regress-Unwesen der zurückliegenden Jahre wirksam unterbunden wird. Die Krankenkassen werden den Apotheken am Ende doch wieder in die Taschen greifen können.“

Honorarerhöhung muss folgen

Vor allem aber dürfe das Engpass-Gesetz nicht die letzte Maßnahme zur Sicherung der Arzneimittelversorgung und der Apotheken vor Ort bleiben: „Was wir dringend brauchen, ist eine Erhöhung des Honorars“, so Rochell. Nachdem dieses in den vergangenen 20 Jahren nur ein einziges Mal um wenige Cent erhöht, Anfang dieses Jahres sogar wiederum gekürzt worden sei, bleibe die Entwicklung der Apothekenvergütung weit hinter der Inflationsrate zurück. Mittlerweile sei die Vergütung der Apotheken nicht mehr auskömmlich. „Wir zahlen bei jedem GKV-Rezept drauf“, so Rochell. 

Hier müsse der Gesetzgeber dringend nachbessern, denn mit ein wenig Bürokratieabbau allein sei die Arzneimittelversorgung nicht zu sichern. „Die Apotheken vor Ort leiden an Schwindsucht. Das ist eine Erkrankung, die mit einer Kombination verschiedener Mittel zu kurieren ist. Die Politik setzt aber nur einzelne davon ein, und diese auch nicht in der richtigen Dosierung“, kritisiert Thomas Rochell. „Dagegen werden wir uns auch weiter öffentlich und lautstark wehren. “
 

zur Übersicht

Kontakt

Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V.
Willy-Brandt-Weg 11
48155 Münster

Telefon: 0251 539380
Telefax: 0251 5393813
E-Mail: apothekerverband@avwl.de

Montag bis Freitag:
8:30 bis 13:00 und 14:00 bis 16:00 Uhr

Ihr Feedback

Schreiben Sie uns!