Münster 17.03.2022
Aktuelles

„Eine Gefahr für die flächendeckende pharmazeutische Versorgung“

Um das Milliardendefizit der gesetzlichen Krankenversicherungen auszugleichen, will das Bundesgesundheitsministerium offenbar auch die Apotheken vor Ort zur Kasse bitten. So soll der Abschlag, den die Apotheken pro abgegebener Arzneimittelpackung an die Krankenkassen zu zahlen haben, von derzeit 1,77 Euro auf 2 Euro erhöht werden. „Wenn dies tatsächlich so umgesetzt wird, wäre dies eine weitere reale Kürzung der Vergütung und damit ein Schlag ins Gesicht der Apothekenteams: Sie waren in der Corona-Krise stets zur Stelle, um ihren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten und die Entscheidungen der Politik äußerst flexibel umzusetzen – und das in gesundheitlich exponierter Situation mit dem erhöhtem Risiko, selbst zu erkranken“, so Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL). 

Reale Vergütung ist stetig gesunken

Derzeit werden die Apotheken vor Ort pro abgegebener verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung mit einer Pauschale von 8,35 Euro vergütet – zuzüglich drei Prozent des Einkaufspreises. Davon allerdings müssen sie den Krankenkassen einen Abschlag in Höhe von 1,77 Euro gewähren, sofern die Rechnung des Apothekers binnen zehn Tagen beglichen wird. „Die Packungspauschale von 8,35 Euro ist seit etlichen Jahren nicht mehr angepasst worden“, erinnert Rochell. „Bei steigenden Kosten und hoher Inflation ist die Vergütung der Apotheken in den vergangenen Jahren somit stetig gesunken. Deshalb ist es dringend an der Zeit, diese gesetzliche Vergütungspauschale anzuheben. Stattdessen sollen die Apotheken vor Ort nun aber noch zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Niemand darf erwarten, dass wir das hinnehmen werden.“

Der Kostenanteil der Apotheken an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen mache gerade einmal 2,1 % aus. Dieser Anteil sei im Laufe der Jahre sogar gesunken. „Die Apotheken vor Ort sind gewiss keine Preistreiber im Gesundheitswesen“, so Rochell. Meldungen von Rekordumsätzen im Corona-Jahr 2021 ließen zum einen keine Rückschlüsse auf die Erträge der Apotheken zu, zum anderen handele es sich allenfalls um einen pandemiebedingten Sondereffekt, nicht um eine nachhaltige Entwicklung. Zudem stünden diesem Sondereffekt ja auch zusätzliche Leistungen der Apotheken gegenüber. Dass diese dann auch vergütet werden müssen, könne nicht in Frage gestellt werden.

Anerkennung der Mitarbeiterleistung vonnöten

Darüber hinaus hätten sich die Tarifparteien gerade erst auf eine stattliche Lohnerhöhung von 200 bis 225 Euro monatlich für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken vor Ort verständigt, um deren enorme Leistungen auch in der Pandemie zu würdigen. „Denn all die Extra-Aufgaben, die in der Pandemie zu erfüllen und uns von der Politik übertragen worden sind, wären ohne das große Engagement der Mitarbeiter nicht zu stemmen. Auch insoweit muss die Politik daher nun für eine angemessene Vergütung der Apotheken Sorge tragen“, so Rochell. 

„Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig das flächendeckende, patientennahe Netz der Apotheken vor Ort ist“, fügt er hinzu. „Um dieses zu bewahren und weitere Apothekenschließungen zu verhindern, benötigen die Apotheken vor Ort verlässliche Rahmenbedingungen – und das schließt weitere Honorarkürzungen definitiv aus.“ Der AVWL-Vorstand werde nun auf die Politik in Bund und Land zugehen, um die Tragweite einer solchen Entscheidung deutlich zu machen und mit allem Nachdruck auf eine Korrektur des Gesetzesvorhabens zu dringen.


Zusatzbelastung

Die Sparpläne der Bundesregierung sehen neben der Erhöhung des Apothekenabschlags auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel vor – von 19 auf 7 Prozent. „Diese Maßnahme würde die Apotheken vor Ort zusätzlich treffen“, so der AVWL-Vorstandsvorsitzende Thomas Rochell. Denn der Kassenabschlag in Höhe von 1,77 ist ein Bruttobetrag – von dem bislang 19 Prozent Mehrwertsteuer abzuziehen sind. Nach einer Senkung wären es nur noch 7 Prozent. Unter dem Strich also stiege der Netto-Abschlag, den die Apotheken den Kassen gewähren müssten. Höherer Kassenabschlag plus niedrigere Mehrwertsteuer bedeuten für die Apotheke pro Packung 38 Cent weniger. Klingt zwar nicht viel, würde aber das Gesamthonorar der Apotheken bundesweit um 230 Millionen Euro pro Jahr verringern.
 

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