Einen Nachfolger für eine Apotheke zu finden, ist schwierig genug. Aber gleich für drei? Wie soll man einen ganzen Filialverbund an den Apotheker oder die Apothekerin bringen? Thomas Rochell, Inhaber dreier Apotheken im Kreis Höxter und Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), hat einen Weg gefunden. Auch wenn der 59-Jährige noch längst nicht ans Aufhören denkt, baut er jetzt bereits seinen Nachfolger auf. Vor zwei Jahren hat er einen Partner in die Apotheken geholt und führt die Betriebe seitdem gemeinsam mit seinem Neffen Julius Rochell in einer OHG.
Zwar hatte der heute 29-jährige Julius Rochell schon immer mit dem Gedanken an eine Selbstständigkeit gespielt. Drei Apotheken auf einmal „aus dem Nichts heraus“ zu übernehmen, wäre ihm aber doch zu viel gewesen. Vermutlich hätte er auch keine Bank gefunden, die dieses Vorhaben finanziert, glaubt er selbst. Nun könne er in die Aufgabe hineinwachsen. „Selbstständigkeit light“, nennt er das Modell.
Er profitiere von der großen Erfahrung seines Partners, der schon mehr als 30 Jahre Inhaber sei, nennt er die Vorzüge dieses Einstiegs. Ganz gleich, ob der Kauf eines Botendienstfahrzeuges anstehe oder ein neuer Dienstleisters für den Zahlungsverkehr ausgewählt werden müsse: Gerade was Verhandlungen und Verträge mit Geschäftspartnern angehe, profitiere er enorm vom Know-how seines Onkels. Der wiederum weiß die frischen Ideen zu schätzen, die sein Neffe mitbringt, auch im Bereich Digitalisierung. Dienstzeiten wurden bis zum Eintritt des Junior-Partners in den Rochell-Apotheken noch per Excel-Liste erfasst. Nun hat Julius Rochell eine digitale Zeiterfassung durchgesetzt – und der zunächst skeptische Onkel ist begeistert.
Die Aufgaben haben sich die beiden gut aufgeteilt. Julius Rochell kümmert sich zum Beispiel um den Einkauf, Bestellungen, das Warenlager und arbeitet zudem viel mit den Kunden. Thomas Rochell ist für die Verträge zuständig „und fängt viel Bürokratie ab“, wie der Neffe hörbar dankbar erzählt. Wer welche Dinge eigenständig regelt und in welchen Bereichen bzw. ab welchen Beträgen beide gemeinsam entscheiden, haben die gleichberechtigten Partner klar in ihrem OHG-Vertrag geregelt.
Wobei „eigenständig regeln“ nicht bedeutet, dass man den anderen bei Bedarf nicht doch zu Rate zieht: „Ich bin nicht allein mit den Problemen, sondern kann mich immer mit meinem Partner besprechen, wenn ich will. Das ist sehr gut“, sagt Julius Rochell. „Wir blicken aus verschiedenen Perspektiven auf die Dinge und kommen gemeinsam zu besseren Lösungen.“
Ganz abgesehen davon: „Das wirtschaftliche Risiko nicht ganz allein tragen zu müssen, ist eine große Erleichterung“, fügt er hinzu. Die eigenen Apotheken Stück für Stück in gute Hände abgeben zu können, auf der anderen Seite ebenso, bestätigt Thomas Rochell. „Gerade Inhabern eines Filialverbundes kann ich nur dringend raten, sich sehr frühzeitig um eine Unternehmensnachfolge zu kümmern und einen Übergabeprozess einzuleiten.“ Ein Konstrukt mit drei oder gar vier Apotheken zu übergeben, werde sonst eines Tages sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Der softe Übergang sei auch gerade in Zeiten des Fachkräftemangels mit Blick auf Personalbindung und –gewinnung extrem wichtig: „Wer will schon in einer Apotheke anfangen, von der er nicht weiß, was in einigen Jahren nach dem Ruhestand des Inhabers aus dem Betrieb wird?“, fragt er.
Einen Tipp hat Julius Rochell noch für junge Kollegen, die ebenfalls mit einem ähnlichen OHG-Einstieg liebäugeln: „Vorher eine Zeit lang als angestellter Approbierter in der Apotheke arbeiten. So kann man ausprobieren, ob man im Arbeitsalltag mit dem künftigen Seniorpartner gut klarkommt.“
Und wo liegen nun die Nachteile des Modells? Da müssen die beiden einen Moment überlegen und sagen dann lachend: „Wir müssen den Gewinn teilen. Aber selbst das wird durch die Vorzüge aufgewogen.“
Tipps und Informationen für einen erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit gibt es beim kostenfreien Workshop Existenzgründung am
29.10.2025 10:00 – 16:00 Uhr
in den Räumen des AVWL, Willy-Brand-Weg 11, 48155 Münster.
Veranstalter des Workshops sind die apoBank, NOWEDA, Treuhand Hannover sowie Apothekerkammer und Apothekerverband Westfalen-Lippe.
Mehr Infos und Anmeldung: Apothekerkammer Westfalen-Lippe
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