Das Apothekensterben trifft Hagen massiv. Während im Bundesdurchschnitt in den vergangenen 20 Jahren gut 20 Prozent der Apotheken schließen mussten, hat sich die Zahl in Hagen im gleichen Zeitraum sogar mehr als halbiert. Grund genug für den Hagener CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Dennis Rehbein sowie die Hagener Bundestagsabgeordnete Tijen Ataoğlu (CDU), sich jetzt vor Ort über die Ursachen dieser Schließungswelle zu informieren.
„Hauptursache ist die chronische Unterfinanzierung der Apotheken vor Ort“, erklärt Jörg Pesch, Vorsitzender der Bezirksgruppe Hagen im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL). Denn seit 21 Jahren sei die staatlich geregelte Vergütung durch die Politik nicht mehr angepasst worden trotz Inflation und massiv gestiegener Sach- und Personalkosten. Mittlerweile sei ein Viertel der Apotheken vor Ort wirtschaftlich stark gefährdet. „Auch der Ertrag meiner Apotheke, also mein eigener Lohn, liegt zurzeit unter dem Gehalt eines angestellten Apothekers“, so Jörg Pesch.
Hinzu kommen Pesch zufolge weitere Belastungen, zum Beispiel durch eine überbordende und vielfach unnötige Bürokratie, massive Belastungen durch Lieferengpässe, aber auch der Fachkräftemangel – und nicht zuletzt die ungleichen Bedingungen im Wettbewerb mit dem Versandhandel. Pesch betont: „Ich scheue keinen Wettbewerb, aber dieser Wettbewerb ist unfair.“ Unter anderem, weil durch den Staat nicht richtig kontrolliert werde, ob sich der ausländische Versandhandel an die gesetzlichen Spielregeln halte.
„Wir Apotheken vor Ort leisten viel mehr, als nur Arzneimittel abzugeben bzw. zu versenden“, so Pesch. Nacht- und Notdienste, nennt er als Beispiel, aber auch die Akutversorgung der Patienten, Präventionsleistungen und Gesundheitschecks sowie die dezentrale Herstellung von Arzneimitteln, so genannte Rezepturen und Defekturen. „So haben wir in der Corona-Pandemie die Versorgung mit Desinfektionsmitteln und Masken sichergestellt.“ Zudem hielten die Apotheken Arzneimittelreserven für Notlagen vorrätig. „In Zeiten zunehmender Krisen und Katastrophen ist dieses dezentrale Apothekennetz eine tragende Säule, um die Versorgung der Menschen rasch und wohnortnah sicherzustellen“, so Pesch.
All dies seien jedoch derzeit keine lukrativen Aufgaben. „Wir niedergelassenen Apothekerinnen und Apothekeninhaber sehen uns aber als freie und persönlich haftende Heilberufler in einer ganz besonderen Verantwortung für die Menschen in unserer Stadt. Mit gutem Grund darf eine Apotheke vor Ort in Deutschland nur von einer Apothekerin oder einem Apotheker betrieben werden – und nicht von einer börsennotierten, anonymen Kapitalgesellschaft, die sich allein an den Gewinninteressen ihrer Aktionäre orientiert“, so Pesch. „Unser Apothekensystem ist mithin ein Garant des Verbraucherschutzes.“
Die Apotheken vor Ort seien eine wichtige Anlaufstelle für Menschen, nicht nur in Gesundheitsfragen. Dies sei in Zeiten, in denen die Gesundheitskompetenz der Menschen erwiesenermaßen abnehme und zugleich eine Flut von Fehlinformationen in sozialen Medien kursiere, eine ganz wichtige Funktion. „Wir tragen also zur Krisenresilienz unserer Gesellschaft, zum sozialen Frieden und zur Akzeptanz des Gemeinwesens bei“, fasst Pesch zusammen. Oberbürgermeisterkandidat Dennis Rehbein stimmt zu: „Gerade in einer Stadt mit einer Sozialstruktur wie in Hagen ist das sehr wichtig.“
Pesch fordert die beiden CDU-Politiker auf, sich für eine Stärkung der Apotheken vor Ort einzusetzen. Nach mehr als 20 Jahren Stagnation müsse die Honorierung erhöht werden, und zwar schnellstmöglich, bevor weitere Apotheken schließen müssten. Dies sei im Koalitionsvertrag der Bundesregierung auch vereinbart worden, versichert Tijen Ataoğlu, „und das wird auch umgesetzt“. Zudem wolle man den Apotheken unter anderem durch Bürokratieabbau Erleichterungen bringen. Tijen Ataoğlu die als Mitglied des Ausschusses für Verbraucherschutz die Bedeutung der Apotheken vor Ort sieht, versichert: „Für diesen Bürokratieabbau steht unsere Regierung.“
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