Durchblick Nr. 04/2017 vom 20.07.2017

Verordnung über Macrogol ABZ für ein Kind:  Medizinprodukt oder Arzneimittel - wie beliefern Sie korrekt?

Ein Kunde legt Ihnen eine Verordnung zulasten einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) für seine Tochter über 100 Beutel Macrogol der Firma AbZ vor.

Vorrätig haben Sie 3 Packungen „Macrogol AbZ Balance Plv.z.Her.e.Lsg.z.Einnehmen“ (50 Beutel). Vor kurzem haben Sie diesbezüglich eine Retaxation erhalten und erörtern im Team, was abzugeben ist:

  1. Kann das Rezept beliefert werden, obwohl das Kind keine Opiate einnimmt und keine Darmerkrankung vorliegt?
  2. Dürfen Sie gegen das am Lager befindliche Präparat austauschen?
  3. Welche Packungsgrößen sind abzugeben: 1 x 100 St, 2 x 50 St oder 1 x 50 St Beutel

Macrogol kann als Abführmittel sowohl als Arzneimittel als auch als Medizinprodukt mit Arzneimittelcharakter zugelassen werden.
Der Hersteller AbZ hat davon Gebrauch gemacht und „Macrogol AbZ Balance Plv.z.Her.e.Lsg.z.Ein-nehmen“ als apothekenpflichtiges Arzneimittel und „Macrogol AbZ Plv.z.Her.e.Lsg.z.Einnehmen“ als Medizinprodukt zugelassen. So ist es in Ihrer Software auch benannt.

  1. Kann ein Rezept zulasten der GKV über ein Abführmittel für ein Kind im Alter von 15 Jahren, das keine Opiate einnimmt oder bei dem keine Darmerkrankung vorliegt, beliefert werden?

    Fall a) Macrogol AbZ Balance (= Arzneimittel) Kinder bis 12 Jahre und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 31 SGB V). Das SGB V schränkt die Versorgung für diese Patientengruppe nicht über die Arzneimittelrichtlinie (AM-RL), Anlage 1 OTC Übersicht, ein. Sie können in der Apotheke nicht prüfen, ob eine Entwicklungsstörung für einen Jugendlichen vorliegt. Also können Sie Rezepte über apothekenpflichtige Arzneimittel für Kunden bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres abrechnen.
    CAVE: Bei einer Verordnung für einen Erwachsenen wäre stets zu überprüfen, ob das OTC-Arzneimittel in der Anlage 1 AM-RL gelistet ist und somit für Erwachsene überhaupt bedingt verordnungsfähig wäre.

    Fall b) Macrogol AbZ (= Medizinprodukt)
    Der Anspruch auf Versorgung mit Medizinprodukten mit Arzneimittelcharakter gilt aber für die vorgenannten Kinder und Jugendlichen nur eingeschränkt (§ 34 SGB V). Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) legt fest, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden dürfen. Diese Ausnahmen finden Sie namentlich aufgeführt in der Anlage V der AM-RL, Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte. Produkte, die dort nicht gelistet sind, dürfen auch für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen nicht abgerechnet werden.
    In Ihrer Software sind die Regelungen der AM-RL Anlage I und V einsehbar und zusätzlich im Kassenprogramm hinterlegt. Sie erhalten also Abgabehinweise, sobald Sie ein in der Anlage der AM-RL geregeltes Produkt einscannen.
    Die AM-RL samt Anlagen finden Sie auch im Mitgliederbereich unserer Internetseite unter Krankenkassen>Arzneimittel>Gesetze, Richtlinien und Packungsgrößenverordnungen.
     
  2. Dürfen Sie das verordnete Medizinprodukt mit dem am Lager befindlichen Präparat (= Arzneimittel) austauschen?

    Der Austausch von Arzneimitteln ist zum einen im SGB V und in den darauf fußenden Verträgen – Rahmenvertrag nach § 129 SGB V und Arzneilieferungsverträgen – und zum anderen in der Apothekenbetriebsordnung geregelt. Die dort definierten Austauschkriterien (aut idem-Kriterien) beziehen sich auf Arzneimittel und nicht auf Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter. Dementsprechend ist ein Austausch zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten nicht zulässig. Ebenso wenig dürfen Sie Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter untereinander austauschen, denn es gibt für diesen Austausch keine definierten Kriterien. Im vorliegenden Fall ist also das erstattungsfähige Medizinprodukt auszuwählen und zu bestellen. Geht aus einer Verordnung nicht zweifelsfrei hervor, ob das Arzneimittel oder das Medizinprodukt gemeint ist (z.B. Macrogol AbZ 50 Beutel), empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem Arzt zu nehmen und die Verordnung zu ergänzen, da es sich um eine unklare Verordnung handelt.
     
  3. Welche Packungen sind abzugeben? Darf die verordnete Menge „Macrogol AbZ Plv.z.Her.e. Lsg.z.Einnehmen“ mit einer 100er-Packung beliefert werden?

    Die Verordnung ist über 100 Beutel des als Medizinprodukt zugelassenen Macrogol ausgestellt. Wie bereits erläutert, können Sie Ihrer Software entnehmen, wie der Hersteller sein Produkt zugelassen hat. Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter unterliegen nicht der Packungsgrößenverordnung, tragen also auch keine Normgrößenbezeichnungen (N1 - N3). Dementsprechend finden auch die Stückelungsvorgaben des § 6 Rahmenvertrag nach § 129 SGB V keine Anwendung. Sie dürfen also die 100er-Packung „Macrogol ABZ Plv.z.Her.e.Lsg.z. Einnehmen“ abrechnen.



    CAVE: Im Gegensatz dazu dürfte eine Verordnung über das Arzneimittel „Macrogol Abz Balance Plv.z.Her.e.Lsg.z.Einnehmen 100 Beutel“ nicht mit der 100er-Packung beliefert werden. Arzneimittel sind vom Hersteller nach Packungsgrößenverordnung zu kennzeichnen und zu melden, sofern diese zulasten der GKV abgerechnet werden können. Für Laxantien in abgeteilten oralen Darreichungsformen ist in Anlage 1 der Packungsgrößenverordnung die N3 mit der Messzahl 50 (Bandbreite 48 - 50) festgelegt. Die 100er Packung liegt also außerhalb der Normgrößenbereiche und darf nicht zulasten der GKV abgerechnet werden. § 6 Abs. 3 Rahmenvertrag nach § 129 SGB V sieht die Abgabe eines Vielfachen der nach der geltenden Packungsgrößenverordnung aufgrund der größten Messzahl bestimmten größten Packung vor, sofern der Arzt einen entsprechenden Vermerk (z. B. Menge erwünscht) gesetzt hat. Seit der neuen Retaxregelung und der Änderung des § 3 des Rahmenvertrages darf neuerdings bei Fehlen dieses Hinweises keine Retaxation mehr erfolgen.

    Die Verordnung über ein als Arzneimittel „Macrogol Abz Balance Plv.z.Her.e.Lsg.z.Einnehmen 100 Beutel“ wäre somit mit 2 x 50 Stück Macrogol Beuteln (2 x N3) zu beliefern.

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