Hamm/Münster 23.08.2023
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Wie sich der Weg zur eigenen Apotheke fügt

Der Respekt vor der Aufgabe ist da: ein Team führen, Verantwortung für Mitarbeiter und Patienten tragen – auf die leichte Schulter hat Jakob Lalee seine Entscheidung nicht genommen. Warum er sich dennoch selbstständig gemacht hat, erklärt er im Interview und auf dem Existenzgründerworkshop, den Treuhand Hannover, apobank, Noweda, Apothekerkammer (AKWL) und Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) am 23.08.2023 in Münster organisiert haben.

Ist die Selbständigkeit schon immer Ihr Ziel gewesen?
Jakob Lalee: Nach Abschluss des Studiums habe ich mich erst einmal ausprobiert, habe als angestellter Apotheker gearbeitet und eine Doktorarbeit begonnen, allerdings bin ich mir schnell bewusst gewesen, dass der Weg der Promotion und Forschung nicht für mich geschaffen ist. Stattdessen ist mir klar geworden, dass ich mich selbstständig machen möchte: Ich schätze Entscheidungsfreiheit, die Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit – natürlich im Rahmen der Möglichkeiten.

Welche Bedenken hatten Sie, bevor Sie den Schritt gewagt haben?
Am meisten Gedanken habe ich mir darüber gemacht, ob ich dem gewachsen bin, insbesondere der enormen Verantwortung, ein solch großes Team zu leiten und der Erwartung der Menschen hier in meinem Stadtteil gerecht zu werden. Denn mein Vorgänger hat die Messlatte sehr hoch gehängt. Zunächst habe ich mich im Januar 2021 als Vertretungsapotheker selbstständig gemacht, dann aber zum 01.08.2022 den Schritt gewagt und die Kiepenkerl-Apotheke in Hamm-Heessen übernommen. 

Es ist eine schwierige Zeit für die Gesamtwirtschaft, aber auch die Apotheken vor Ort. Was bzw. wer hat Sie darin bestärkt, trotz der Herausforderungen eine eigene Apotheke zu übernehmen?
Auf dem Weg in die Selbstständigkeit bekommt man als Apotheker*in viele Beratungsangebote – zum Beispiel von der Treuhand Hannover, der apobank und Noweda, AVWL und AKWL. Rückblickend war für mich auch der Rat meines Mentors wichtig, eines erfahrenen Apothekers, in meinem Fall ein Kollege aus Köln. Kennengelernt haben wir uns in meiner Zeit als Vertretungsapotheker. Mit ihm konnte ich meine Fragen besprechen und mir wertvolle Tipps einholen. Er hat mich auch in sein Netzwerk eingebunden, in dem ich viel Unterstützung finde. Das hat mir ungemein geholfen. Denn auch nach einem Jahr der Selbstständigkeit gibt es Situationen, in denen man nicht richtig weiterzukommen glaubt. Da ist ein solches Netzwerk sehr wichtig. Mittlerweile sind wir gute Freunde und in einer Erfahrungsaustauschgruppe.

Mal abgesehen von der grundsätzlichen Entscheidung – welche Alltagshürde mussten Sie auf dem Weg zur eigenen Apotheke meistern?
Einen guten Mietvertrag abzuschließen. Dieser ist nicht unerheblich für den Erfolg der Apotheke. Der Vermieter allerdings wollte nur einen Vertrag mit einer kurzen Laufzeit vereinbaren, die nicht zur längeren Laufzeit meines Kredites passte. Erst bei einem gemeinsamen Abendessen konnte ich ihn von mir und meinem Vorhaben überzeugen. Auch so etwas gehört zur Selbstständigkeit dazu.

Welche Tipps haben Sie für alle, die sich selbstständig machen wollen?
Mir hat die Tätigkeit als Vertretungsapotheker auf dem Weg in die Selbstständigkeit sehr geholfen. In dieser Zeit habe ich wertvolle Erfahrungen sammeln können, verschiedene Apothekentypen, Softwaresysteme sowie unterschiedliche Abläufe in den Apotheken kennengelernt – und nicht zuletzt Kontakte geknüpft. Der ständige Austausch mit anderen Kollegen ist meines Erachtens enorm hilfreich in der Selbstständigkeit. Man braucht keine Scheu zu haben, den ersten Schritt zu tun: Die meisten sind sehr offen, hilfsbereit und freuen sich über den Kontakt.

Wie läuft es nun, nachdem das erste verflixte Jahr vorbei ist? Haben sich die ursprünglichen Bedenken verflüchtigt?
Massive Lieferengpässe, die Retaxationen, also Regressforderungen der Krankenkassen, die enorme Bürokratie und nicht zuletzt die prekäre Honorarsituation – all das ist kräftezehrend. Das will ich gar nicht beschönigen. Auf der anderen Seite erhält man von den Patienten so viel Dank und Anerkennung – auch dafür, dass man als junger Mensch eine Selbstständigkeit auf sich nimmt und „ihre“ Apotheke weiterführt. Das tut gut. Ebenso die Rückendeckung aus meinem Team. Und nicht zuletzt die Solidarität der Kollegen beim Protesttag im Juni. Wenn wir die aufrechterhalten, können wir etwas verbessern. Es ist eine schwierige Zeit, ja. Aber nach einem Jahr bin ich davon überzeugt: Wenn man mutig vorangeht, fügt sich der Weg. Und die eigene Apotheke macht enormen Spaß.

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Willy-Brandt-Weg 11
48155 Münster

Telefon: 0251 539380
Telefax: 0251 5393813
E-Mail: apothekerverband@avwl.de

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