Dortmund 09.12.2024
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„Eine weitere Verschlechterung der Lage gefährdet die Gesundheitsversorgung“

Das Gespräch gerät immer wieder ins Stocken. Denn alle paar Minuten kommt eine Mitarbeiterin mit einer fachlichen Frage dazwischen. Und so muss Kattrin Hildebrandt ihren Gast hinten im Backoffice stehen lassen, damit die Patienten vorn in der Apotheke versorgt werden können.

So erlebt Susanne Schneider, Mitglied des NRW-Landtags und Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion für Arbeit, Gesundheit und Soziales, im Realbetrieb, dass eine Apotheke ohne Apotheker nicht funktionieren würde. Aber das war der FDP-Politikerin auch schon vor dem Besuch in der Dortmunder Westfalia-Apotheke klar: Ihre Partei hatte sich in Berlin gegen die Reformpläne des SPD-Gesundheitsministers Karl Lauterbach gestellt, die Präsenzpflicht für Apothekerinnen und Apotheker aufzuweichen. 

Finanzielle Spielräume

Dieses Vorhaben ist nun mit dem Ende der Berliner Ampelkoalition vom Tisch. Welche Probleme weiterhin bestehen – darüber hat sich Schneider, Expertin der NRW-FDP in Gesundheitsfragen, nun in der Westfalia-Apotheke ein Bild gemacht. Vor allem die chronische Unterfinanzierung macht vielen Apotheken zu schaffen, wie Kattrin Hildebrandt erläutert. Sie ist Mitglied im Beirat des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL). Seit 20 Jahren sei das staatlich geregelte Honorar, das die Apotheken pro abgegebener Packung erhalten, nicht mehr erhöht worden. Aber auch andere Leistungen, die die Apotheken vor Ort erbringen, seien nicht mehr auskömmlich honoriert. Hildebrandt nennt die Rezepturen als Beispiel, die Apotheken individuell für Patienten anfertigen. Mitunter müsse man bei komplexeren Fällen in die Herstellung einer Rezeptur inklusive der Dokumentation zwei Stunden Arbeit stecken. Hildebrandt überlegt laut, welches Honorar sie für diesen Aufwand wohl in der IT-Branche bekäme. „Stattdessen erhalten wir für die Herstellung gerade einmal sechs Euro“, sagt sie.

Mittlerweile seien zehn Prozent der Apotheken defizitär und mehr als ein Drittel wirtschaftlich gefährdet. Die Zahl der Apothekenschließungen nehme immer mehr zu. 

Susanne Schneider sieht die wirtschaftlich schwierige Lage und hält eine finanzielle Stabilisierung trotz schwieriger Haushaltslage im Bund nicht für ausgeschlossen: „Es gibt im Gesundheitswesen durchaus Spielräume, Mittel umzuschichten“, ist sie überzeugt.

Kosten reduzieren

„Apotheken tragen heute schon dazu bei, Ausgaben im System zu reduzieren. Wenn unsere heilberuflichen Möglichkeiten noch stärker genutzt würde, könnten wir dieses Potenzial noch besser ausschöpfen, Kosten weiter senken und die Lebensqualität der Patienten verbessern“, so Hildebrandt. Apotheken müssten noch stärker in Prävention und Primärversorgung der Patienten eingebunden werden und könnten die Gesundheitskompetenz der Bürger stärken. So ließen sich unnötige Folgebehandlungen verhindern. Hildebrandt weiß, wovon sie spricht: Ihre Apotheke befindet sich in Dortmund-Dorstfeld, einem ehemaligen Arbeiterviertel und einem Stadtteil mit einem hohen Anteil an Bürgern mit Migrationshintergrund. „Viele Menschen hier haben wenig Ahnung von den Gesundheitsmöglichkeiten. Wir helfen ihnen auf den Weg“, so Hildebrandt. 

Susanne Schneider hört gut zu. Sie ist Landtagsabgeordnete. Die Apothekenfragen werden weitgehend in Berlin entschieden. Ihre Kollegen, die nun bei der Bundestagswahl antreten, wird sie über die Probleme und die Dringlichkeit informieren, verspricht sie. Sie ist überzeugt: „Eine weitere Verschlechterung der Versorgung würde letztlich die Patienten gefährden.“
 

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