In den Apotheken vor Ort herrscht Fachkräftemangel. Auch deshalb geht die Zahl der Apotheken seit Jahren zurück. Warum der Arbeitsplatz Apotheke dennoch eine Zukunft hat und für sie der schönste der Welt ist, erklären in einer kleinen Serie angestellte Apotheker, Inhaber, Praktikanten sowie Pharmazeutisch-Technische Assistenten.
Was soll man schon werden, wenn Mama und Papa Apotheker sind? Pharmazeut jedenfalls nicht, da war sich Daniel Michels zum Ende der Schulzeit sicher. Etwas mit Wirtschaft oder Jura wollte er machen. Die Eltern redeten ihm nicht hinein. So überzeugt war er von seinem eigenen Plan, dass er in der Oberstufe Biologie und Chemie abwählte. Nicht, dass ihn die Naturwissenschaften nicht interessiert hätten, aber er brauchte die beiden Fächer nicht mehr. Dachte er.
Dann jedoch musste der Abiturient einen Autoschaden reparieren lassen. Das Geld dafür hatte er nicht. So boten ihm die Eltern an, die Summe in der Apotheke abzuarbeiten. Er übernahm Botendienste, war Mädchen für alles, blickt er zurück. Und nebenbei zeigten ihm die Mitarbeiter die Offizin, die Rezeptur, das Labor. „Da bin ich auf den Geschmack gekommen“, sagt er. „Damals habe ich Einblick in die Vielfalt des Berufs bekommen.“ Verantwortung, Teamwork, Rezepturherstellung, Kundenkontakt, Medikationsmanagement, Kaufmännisches, zählt er auf, was ihn immer noch begeistert. „Eine ideale Kombination.“
Zu heiß Also doch ein Pharmazie-Studium in Berlin. Das praktische Jahr absolvierte Daniel Michels in Hamburg. Gleich danach wollte er sich selbstständig machen. Das war im Herbst 2016, als sich abzeichnete, dass der Europäische Gerichtshof in Luxemburg die ausländischen Versender von der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel freisprach. „Das war mir dann doch zu heiß“, blickt er zurück.
Deshalb entschied er sich dafür, als angestellter Apotheker zu arbeiten, übernahm zunächst verschiedene Vertretungen und ging dann zurück nach Salzkotten in den elterlichen Betrieb. „So habe ich immer noch einen Chef in der Rückendeckung, der mir bei schwierigen Fragestellungen mit Rat und Tat zur Seite steht“, erklärt er, warum er den Angestellten-Status schätzt.
„Zudem hat man als Angestellter mehr Kundenkontakt“, fügt er hinzu. „Patienten beraten – das macht am meisten Spaß.“ Er schildert, wie er ein paar Tage zuvor einen Medikationsplan für einen Patienten aufstellte, der bei der Entlassung aus dem Krankenhaus 23 verschiedene Arzneimittel verschrieben bekam: einen übersichtlichen Fahrplan, wann der Mann welches der Medikamente einzunehmen hatte. „Die Frau des Patienten, die die Mittel bei uns abholte, war unglaublich dankbar“, erklärt er, was ihm selbst die Beratung gibt.
Große Chancen Familienfreundliche Flexibilität, feste Arbeitszeiten, sich nach Feierabend keinen Kopf mehr um die Apotheke machen zu müssen, nennt er die weiteren Vorzüge, die er zwar nicht als Chef-Sohn genießt, aber viele andere angestellte Apotheker haben können. Der 28-Jährige gibt die Anstellung nun dennoch auf, übernimmt in ein paar Wochen eine eigene Apotheke in Lippstadt. Und das, obwohl die Zeiten für Apothekeninhaber nicht viel sicherer geworden sind.
Er riskiert es, weil er die Digitalisierung, die stratifizierte Medizin und die individualisierte Medikation als große Chancen sieht. Und er ist davon überzeugt, dass Apotheker vor Ort, ihre Beratung und das Medikationsmanagement immer gebraucht werden. „Vielleicht“, das will er nicht ganz ausschließen, „wird sich die Struktur eines Tages ändern. Vielleicht werde ich in 20 Jahren nicht mehr selbstständig sein können. Aber dann“, das weiß er nun nach den vergangenen drei Jahren, „hätte ich kein Problem wieder als angestellter Apotheker einzusteigen: Es hat keinen Tag gegeben, an dem ich nicht gern zur Arbeit gegangen bin.“
© Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V. | 2021
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