Münster/Gelsenkirchen 22.06.2020
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Mehr ältere Menschen brauchen auch mehr Apotheker

Desinfektionsmittel knapp, Masken ausverkauft, wichtige Arzneimittel nicht lieferbar, Sorge, Verunsicherung und viele Fragen bei den Patienten – die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig eine wohnortnahe, flächendeckende Versorgung durch ein solides Netz von Apotheken vor Ort ist. „Diese Versorgung ist allerdings auf Dauer nicht gesichert“, warnt Professor Josef Hilbert, ehemaliger Geschäftsführender Direktor des Instituts Arbeit und Technik (IAT). Dies belegt eine IAT-Studie im Auftrag des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL). 

„Die Apothekenlandschaft steht vor einem großen Umbruch“, bestätigt Dr. Peter Enste, Direktor des IAT-Forschungsschwerpunktes Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität. Denn während auf der einen Seite die Zahl der älteren Patienten sowie der Arzneimittelbedarf in den kommenden Jahren weiter steigen, steht ein großer Teil der Apothekeninhaber kurz vor dem Ruhestand.

So ist in Westfalen-Lippe annähernd jeder dritte Apothekeninhaber derzeit 60 Jahre und älter. Die Anzahl der Bürger 65+ wird in NRW um 1,25 Millionen zunehmen. Dies entspricht einem Anstieg von 33 Prozent. Eine Apotheke in Westfalen-Lippe wird folglich im Jahr 2040 durchschnittlich 257 ältere Patienten mehr zu versorgen haben. Weil mit dem Alter die Wahrscheinlichkeit steigt, an mehreren Erkrankungen zu leiden und auf mehrere Arzneimittel angewiesen zu sein, nimmt der Arzneimittelbedarf deutlich zu: Die Zahl der Arzneimittel-Tagesdosen wird der IAT-Studie zufolge bis zum Jahr 2040 in der Region um 500 Millionen ansteigen, das entspricht einem Plus von 12 Prozent. Damit wird auch der Bedarf an pharmazeutischer Beratung und zusätzlichen Dienstleistungen größer. Um das aktuelle Versorgungsniveau zu halten, werden in allen Städten und Landkreisen zusätzliche Apotheker gebraucht. Der IAT-Studie zufolge 500 in ganz Westfalen-Lippe. Zudem müssen Apotheker ersetzt werden, die in den kommenden Jahren Ruhestand treten.

Den höchsten Anteil älterer Apothekeninhaber verzeichnen derzeit in Westfalen-Lippe die Kreise Lippe (40,3%), Hochsauerland (39,3%) sowie Paderborn (38,2%). Die Zahl der Bürger 60+ wird in den kommenden Jahren am stärksten zunehmen in den Kreisen Steinfurt (+45.000), Borken (+38.000) und Gütersloh (+35.000). Um das aktuelle Versorgungsniveau zu halten, wird im Kreis Gütersloh eine Apotheke 500 Patienten zusätzlich zu versorgen haben, im Kreis Borken 451, im Kreis Steinfurt 424. Die Zahl der Arzneimitteltagesdosen wird im Kreis Paderborn um 24% zunehmen, im Kreis Coesfeld um 23,8% sowie im Kreis Gütersloh um 22%.

„Der Fachkräftemangel bereitet uns allerdings heute schon Probleme“, warnt Dr. Olaf Elsner, Vorstandsmitglied des Apothekerverbands Westfalen-Lippe und Apotheker in Gütersloh. „Die Apothekeninhaber finden kaum Personal und kaum junge Apotheker, die eine Offizin übernehmen wollen, wenn ein Inhaber in den Ruhestand geht“, sagt er.

„Um die Versorgung in Westfalen-Lippe zu sichern, müssen wir mehr Apotheker an den Hochschulen ausbilden“, fordert Dr. Klaus Michels, AVWL-Vorstandsvorsitzender. Die Zahl der Absolventen reiche bereits gegenwärtig nicht aus, um den Bedarf an Apothekern in der Region zu sichern. Ein steigender Bedarf könne gewiss nicht gedeckt werden. Derzeit gibt es allein an der Universität Münster einen Pharmaziestudiengang. „Wir brauchen mehr Studienplätze und auch einen zweiten Standort, um die Patienten in der Fläche versorgen zu können.“ Dafür biete sich die Region OWL an - mit der Technischen Hochschule sowie der Uni Bielefeld, an der auch eine neue Medizinische Fakultät aufgebaut werde.  

„Allerdings muss die Politik den jungen Apothekern, die ausgebildet werden, auch zuverlässige Rahmenbedingungen bieten, damit sie das Risiko einer Selbstständigkeit eingehen“, fügt er hinzu. „Des-halb müssen wir auch die uneingeschränkte Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder herstellen.“ 

Die gesamte Studie finden Sie hier.
 

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