Oelde 10.04.2024
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„Bei der Vergütung besteht Nachholbedarf“

Die Aufgabenbeschreibung ist denkbar einfach: Die Apotheker und Apothekerinnen haben den gesetzlichen Auftrag, die öffentliche Gesundheit zu schützen und die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. „Gerade während der Pandemie hat sich gezeigt, welche tragende Rolle die Apotheken im deutschen Gesundheitssystem spielen“, betont der CDU-Landtagsabgeordnete Daniel Hagemeier. Doch die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger – mit deutlichen Auswirkungen auch auf den Kreis Warendorf. Im Gespräch mit Hagemeier brachten Thomas Haddenhorst, Leiter der Elefanten-Apotheke Oelde, und Stefanie Elpers von der Geschäftsführung des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) ihre Bedenken auf den Punkt.

Apotheker zahlen drauf

„Ich bin gerne Apotheker – aber unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sehe ich mich hier in zehn Jahren nicht mehr stehen“, gebrauchte Thomas Haddenhorst deutliche Worte. Die Gründe reichten von der bürokratischen Belastung über Lieferengpässe, mangelnde Digitalisierung und Personalmangel bis hin zur unzureichenden Vergütung. Beispiel Arzneimittel-Fixum, also das Festhonorar, das die Krankenkassen pro abgegebener verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung den Apotheken bezahlen: „Das Fixum von 8,35 Euro ist in den vergangenen 20 Jahren nur ein einziges Mal um wenige Cent erhöht worden“, nannte Stefanie Elpers konkrete Zahlen. Durch die Erhöhung des Kassenabschlags als „Sonderopfer“ zur Finanzierung der Krankenkassen sei Anfang des vergangenen Jahres de facto eine Kürzung erfolgt. „Die Apotheken befinden sich daher aktuell auf dem Niveau von 2004. Wir haben also seit 20 Jahren bei massiv gestiegenen Kosten keinerlei Inflationsausgleich erhalten“, so Elpers. „Seit 2020 ist die Vergütung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln defizitär; die Apotheke zahlt pro Rezept derzeit 46 Cent drauf und muss sich aus anderen Segmenten querfinanzieren.“ Zusätzlich werde die Vergütung noch durch ungerechtfertigte Regressforderungen der Krankenkassen gemindert. 

Fernab der Realität

Auch die Vergütung für Sonderleistungen hinke weit hinter der Realität hinterher: „Für die Herstellung einer Salbe erhält die Apotheke sechs Euro“, schilderte Elpers. Dazu gehöre neben der reinen Herstellung auch noch eine Dokumentation, wodurch der Herstellungsprozess mindestens 30 Minuten in Anspruch nehme. Weitere Verluste machten die Apotheken durch das Zuzahlungsinkasso, also die Pflicht, von den Versicherten eine Zuzahlung von 5 bis 10 Euro einzuziehen. „Das Geld geht an die Krankenkassen – die Apotheken haben davon nichts außer einem hohen, kostspieligen Aufwand“, so Elpers. 

Es besteht Nachholbedarf

„Bei der Vergütung besteht aus meiner Sicht dringend Nachholbedarf“, bestätigte Daniel Hagemeier. Bei einer Wochenarbeitszeit von 60 Stunden und mehr bräuchten Apotheker und Apothekerinnen eine angemessene Entlohnung, sonst setze sich der „Apothekenschwund“, gerade in den ländlichen, strukturschwächeren Regionen, ungebremst fort. „Im Kreis Warendorf gibt es derzeit nur noch 61 Apotheken“, bestätigten Haddenhorst und Elpers. „Hier haben wir in den vergangenen 15 Jahren 20 Prozent verloren. Gesundheitsversorgung und Daseinsvorsorge sind für Kommunen aber wichtige Standortfaktoren.“ 

Absage an „Apotheke light“

Könnten die Überlegungen aus dem Gesundheitsministerium, „Apotheken ohne Apotheker“ zu etablieren, gegen Personalnot und Apothekenschließungen helfen? Die Pläne Karl Lauterbachs kommentierte die Gesprächsrunde mit einem klaren „Nein!“ Eine solche „Apotheke light“ bedeute letztlich nichts anderes als Leistungskürzungen für die Patienten. Denn viele Leistungen seien an den Apotheker bzw. die Apothekerin gebunden – zum Beispiel Impfungen, ausführliche Medikationsberatungen, die Abgabe von Betäubungsmitteln, erklärt Elpers. Wenn nicht mehr alle Apotheken dies anbieten könnten, würden die Wege für die Patienten gerade im ländlichen Raum immer weiter. 

Beim E-Rezept Luft nach oben

Wie läuft es mit dem neuen E-Rezept? Die Grundidee sei gut, so Haddenhorst und Elpers, allerdings gebe es im Alltag Reibungsverluste. „Viele Praxen wenden das Prinzip der Stapelsignaturen an, das heißt, die Rezepte werden nicht sofort vom Arzt signiert, sondern gebündelt ein paar Stunden später. Die Folge ist, dass ein Patient bei uns in der Apotheke steht – aber das Rezept noch nicht da ist“, hat Haddenhorst festgestellt. Auch Ausfälle in der Telematikinfrastruktur, also der vom Bund eingerichteten Datenautobahn, sorgten dafür, dass Patienten ihr Arzneimittel nicht sofort erhalten könnten. „Dies gefährdet unseres Erachtens die Versorgung, denn Patienten müssen oft so schnell wie möglich versorgt werden.“ Daniel Hagemeier stimmte zu, dass hier dringend Verbesserungsbedarf bestehe. 

Engagement vor Ort

Es gibt aber auch gute Nachrichten: „Umfragen zeigen, dass 90 Prozent der Menschen in Deutschland mit ihrer Apotheke vor Ort zufrieden oder sehr zufrieden sind“, betonte der CDU-Landtagsabgeordnete. Zwar liege die Regelkompetenz auf Bundesebene und das Bundesland NRW habe nur begrenzte Möglichkeiten, dennoch gebe es hier vielfältige Lösungsansätze, die Arzneimittelversorgung nachhaltig zu sichern und den Fachleuten ihre wichtige Arbeit zu erleichtern: „Wir brauchen unsere niedergelassenen Apothekerinnen und Apotheker vor Ort mit ihrem Engagement und ihrem wertvollen Wissen!“ Hagemeier abschließend: „Unser Anliegen ist es, den Pharmastandort NRW zu stärken. Ziel muss es sein, die bestehende Produktion in Europa zu erhalten und insbesondere Wirkstoff- und Ausgangsstoffherstellung nach Europa zurückzuholen. Die hohe Abhängigkeit von Arzneimittelproduktionen in Drittstaaten gilt es zu reduzieren.“
 

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