Berlin 22.12.2023
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Stellungnahme

ABDA-Stellungnahme zu den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums für eine mögliche Apothekenreform

Berlin, 22. Dezember 2023

Das Bundesgesundheitsministerium hat der ABDA-Spitze am Mittwoch, 20. Dezember 2023, erste Eckpunkte für eine mögliche Apothekenreform mündlich vorgestellt. Laut Aussagen des BMG soll die Reform im Laufe des Jahres 2024 im Bundesrat und im Bundestag beraten werden. Der Geschäftsführende Vorstand und der Gesamtvorstand der ABDA haben sich nach diesen Gesprächen mit den Reformplänen des Bundesgesundheitsministeriums beschäftigt. Beide Gremien sind nach einer ersten, vorläufigen Analyse der Eckpunkte zu einer Apothekenreform zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Pläne unzureichend sind und einzelne Vorschläge die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gefährden. Konkret warnt die ABDA vor der Umsetzung der folgenden Punkte:

  • Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker. Das Bundesgesundheitsministerium will es ermöglichen, dass teilweise keine Apothekerin/kein Apotheker in der Apotheke präsent sein muss. Klar ist aber, dass es keine andere Berufsgruppe gibt, die die pharmazeutische Expertise der Apothekerinnen und Apotheker ersetzen kann. Hinzukommen auch Haftungsfragen, die entstehen, wenn bei Beratungen keine approbierte Fachkraft zur Verfügung steht. Und schließlich befürchtet die ABDA, dass Apotheken, die wirtschaftlich unter Druck stehen, dann vielen angestellten Apothekerinnen und Apothekern kündigen, um unter dem bestehenden Kostendruck Geld zu sparen. Das Ergebnis wäre eine deutliche Verschlechterung der Versorgung. Die ABDA weist auch darauf hin, dass der Minister Leistungskürzungen für die Bevölkerung immer ausgeschlossen hat – wenn die Apotheken aus Finanzdruck aber ihre Leistungen einschränken oder gar schließen müssen, ist das de facto eine politisch initiierte Leistungskürzung für die Bürgerinnen und Bürger.
     
  • Keine sofortige finanzielle Unterstützung. Bis auf eine Zusage zu einer geringen Anhebung der Notdienstpauschale sind die Aussagen zu einer möglichen Dynamisierung des Festzuschlages nach der Arzneimittelpreisverordnung ab 2027 enthält das BMG- Papier keinerlei sofortige Hilfen für die Apotheken. Herr Lauterbach hat Inflations- und Kostenausgleiche in fast allen anderen Bereichen des Gesundheitswesens vorgenommen. Nur die Apotheken sollen kein Recht auf solche Kostenausgleiche haben. Das Apothekenhonorar wurde seit 2013 nicht angepasst, zuletzt wurde es sogar gesenkt und befindet sich damit auf dem Niveau von 2004. Im gleichen Zeitraum sind die Inflation um 38 Prozent und die Kosten in den Apotheken um 60 Prozent gestiegen. Die Folge ist eine Schließungswelle bei den Apotheken. Diese Entwicklung muss endlich mit einer sofort wirksamen Finanzhilfe gestoppt werden. Alle vom BMG vorgeschlagenen Honorar-Maßnahmen sollen frühestens 2025, teilweise erst 2026 und 2027 greifen. Herr Lauterbach schiebt das Thema der chronischen Unterfinanzierung der Apotheken weit in die Zukunft, nimmt sich somit weiterhin aus der Verantwortung.  Das BMG sieht dabei zu, wie die wohnortnahe Arzneimittelversorgung weiter ausgedünnt wird.
     
  • Gefährliche Umverteilungsmechanismen. Das BMG plant, den 3-prozentigen, prozentualen Anteil am Apothekenhonorar schrittweise abzusenken und das Fixhonorar im Gegenzug schrittweise zu erhöhen. In der Öffentlichkeit erklärt der Minister, mit dieser Maßnahme insbesondere kleinen Apotheken zu helfen. Das ist aber nicht der Fall – auch kleine Apotheken geben hochpreisige Arzneimittel ab. Entgegen den Ausführungen im Eckpunktepapier ist diese Umstellung auf Grundlage der bislang bekannten Zahlen nach ABDA-Berechnungen finanziell nicht neutral, sondern bewirkt insgesamt eine Kürzung der Vergütung! Die geplanten Anstiege des Fixums sind viel zu niedrig, um die Mindereinnahmen aus der Margen-Absenkung zu verkraften. Höherpreisige Arzneimittel lassen sich so noch schwieriger vorfinanzieren, daher werden viele Apotheken diese nicht mehr vorrätig halten können - unabhängig vom Standort der Apotheke. Für Patientinnen und Patienten, die auf solche Arzneimittel und die entsprechende Beratung angewiesen sind, würde die Versorgung dann deutlich schlechter werden. Erneut stellt sich die Frage, warum das SPD geführte BMG gezielt die Versorgung der Patientinnen und Patienten schwächen will.


ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärte im Anschluss:
„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versucht mit einem Taschenspielertrick die Schwächung der Apotheken vor Ort als Segen für die Versorgung darzustellen. Nach außen werden die Eckpunkte als Rettung der kleinen Landapotheken präsentiert. Schaut man sich die Vorschläge genauer an, wird klar, dass unter dieser sogenannten Reform alle Apotheken noch stärker von wirtschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt würden als bisher. Darunter werden die Land- wie auch die Stadtapotheken leiden. Und Apotheken ohne Apothekerin oder Apotheker sind nicht hinnehmbar. Hier wird aus einer sicheren Arzneimittelversorgung der Menschen ohne Not eine unsichere mit beliebiger Qualität. Immerhin hat das Bundesgesundheitsministerium inzwischen von weiteren, noch gefährlicheren Plänen im Bereich der Filialapotheken Abstand genommen. Zuversicht bietet auch die Idee, dass wir unser Honorar endlich auf Basis der Inflation und der Lohnentwicklung direkt mit den Kassen aushandeln dürfen. Aber das alles liegt viel zu weit in der Zukunft! Das BMG lässt nach wie vor für die Apotheken vor Ort nicht gelten, dass die Kostensteigerungen der vergangenen elf Jahre endlich ausgeglichen werden müssen. Immer mehr Apotheken geraten unter Druck und gehen vom Netz. Schon jetzt stehen wir bei der Apothekendichte im EU-Vergleich auf einem der hintersten Ränge – Tendenz sinkend. Wir appellieren an die Parteikolleginnen und -kollegen des Gesundheitsministers, die anderen Regierungsfraktionen, aber auch die Bevölkerung, die Pläne des Ministeriums so nicht durchgehen zu lassen. Wir brauchen wirksame Sofortmaßnahmen zur Stärkung der Apotheken vor Ort, damit auch morgen die Versorgung der Menschen wohnortnahe sicher ist.“

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